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Argumente der Wasserwechsel-Gegner
Hier eine Liste der beliebtesten Argumente gegen den häufigen und reichlichen Wasserwechsel und meine Kommentare dazu:

Argument 1:
Sonntag, den 06. April 2003 um 20:12 Uhr
"Jeder Wasserwechsel streßt die Fische."

 

Man muß beim Wasserwechsel ja nicht kräftig im Becken herumpanschen, sondern ein kleiner Schlauch in einer Aquarienecke reicht völlig. Die Fische streßt das kein bischen.

Zuletzt aktualisiert am Sonntag, den 11. Juli 2010 um 16:17 Uhr
 
Argument 2:
"Jeder zusätzliche oder größere Wasserwechsel stört das Gleichgewicht im Aquarium."

 

Das Gegenargument "stört das Gleichgewicht" ist sehr beliebt bei Wasserwechsel-Muffeln, aber es beruht auf einer Illusion, nämlich die, daß sich von alleine für die Fische optimale Parameter einstellen. Das Gleichgewicht im Aquarium ist aber lediglich ein durch unsere Pflegemaßnahmen künstlich aufrechterhaltenes Gleichgewicht. Tun wir nichts, so driftet das Gleichgewicht durch die Ausscheidungen der Fische und die Mineralisation der Filterbakterien immer weiter in eine Richtung (siehe 'Das Aquarium-Mobile' und Kapitel 'Stoffkreisläufe'), die es den Fischen immer schwerer macht, sich nicht langsam zu vergiften und gesund zu bleiben. Ein größerer Wasserwechsel streßt die Fische nur dann, wenn die Werte zwischen den Wasserwechseln bereits weit von denen des Ausgangswassers abgedriftet sind, also, um es mal etwas kraß auszudrücken, bei Gülle-Aquarianern, die nur alle 6 Monate einen Wasserwechsel machen. Macht man regelmäßig seine wöchentlichen Wasserwechsel, so wirkt ein größerer Wasserwechsel als üblich auf viele Fische sehr anregend und man kann kurze Zeit später meistens viele Eier ernten. Fische und Pflanzen können zwar auch in den sog. Altwasser-Aquarien einige Zeit gepflegt werden, da sie sich ganz langsam an die sich verändernden Zustände gewöhnen können, schließlich können sie bis zu einer gewissen Grenze ihr Inneres Ionenmileu aktiv regeln, aber das Einsetzen neuer Fische oder das Umsetzen der alteingesessenen Mannschaft bereitet große Probleme, da eine solche plötzliche Umstellung für die Fische extremen Streß bedeutet, den einige nicht verkraften werden. Und auch das Leben am Limit der für sie erträglichen Parameter, wie sie in Altwasser-Aquarien herrschen, kostet eine Menge Energie und schwächt die Fische im Laufe der Zeit ganz erheblich.

Zuletzt aktualisiert am Sonntag, den 11. Juli 2010 um 16:22 Uhr
 
Argument 3:
"Wenn der Wasserwechsel 70% beträgt, ist der Streß so groß, das es zu Krankheiten führen kann. Auch ändert sich die Chemie des Wassers in dem Fall zu rapide, genauso wie die Temperatur."

 

Die Chemie des Wassers ändert sich aber nur dann rapide, wenn man vorher mit dem Wasserwechsel geschlampt hat, d.h. zu wenig und zu große Abstände. Je häufiger und je größer die Wasserwechsel ausfallen, desto mehr entspricht das Aquarien-Wasser dem Leitungs- bzw. Wechselwasser. Und eine Temperaturangleichung in der Weise, daß sie beim Wasserwechsel nur um maximal 3-4°C fällt, welches ideal zur Anregung der Laichbereitschaft vieler Fischarten ist, ist doch wohl nun wirklich kein Problem. Und Streß? Zu Krankheiten führt so ein großer Wasserwechsel nur dann, wenn man ihn falsch macht (Stichwort z.B. Gasblasenkrankheit).

Zuletzt aktualisiert am Sonntag, den 11. Juli 2010 um 16:25 Uhr
 
Argument 4:
"In ein sehr gut eingefahrenes, sehr großes Becken mit sehr viel schnell wachsenden Pflanzen kann 20% je Monat genügen. Viele grosse Korallenaquarien kommen auch einige Jahre damit zurecht."

 

Zwischen Korallenaquarien und Süßwasseraquarien besteht aber ein entscheidender Unterschied: Meerwasser-Aquarien werden mit einem Eiweißabschäumer betrieben, d.h. die Abfallstoffe (also der anfallende im Wasser gelöste organische Müll aus Kot, Futterresten usw.) wird dadurch aus dem Wasser entfernt, bevor er von den Bakterien mineralisiert werden kann und damit die Wasserwerte drastisch verschiebt. Das wäre dann mit einem Süßwasser-Aquarium mit geringer Belastung (z.B. 0.1 cm Fisch / Liter Wasser) und einem ausgewogenen Verhältnis von Fischen und Pflanzen zu vergleichen.

Aber zusätzlich müßte man analoge Rechnungen wie für das Nitrat eigentlich für jedes der 20 esseszentiellen Ionen durchführen (inclusive dem Pflanzenfaktor), da sie alle ebenfalls Veränderungen unterworfen sind, also Produktion durch Mineralisation und Verringerung durch Nährstoffaufnahme. Einige davon werden sich ohne ausreichende Wasserwechsel auf ein zu niedriges Niveu einpendeln, andere dagegen auf ein zu hohes. Um diese Gleichgewichtskonzentrationen im für Fische und Pflanzen vertretbaren Rahmen zu halten, muß der Wasserwechsel so oft und so groß ausfallen, daß auch die schlechteste Konstellation, also zu viel Fisch bei zu wenig Pflanzen oder umgekehrt, noch ausgeglichen wird. Da wir leider die Konzentrationen der meisten dieser Ionen (meist Spurenelemente) nicht messen können, müssen wir dies anhand von einigen Leitionen (z.B. Nitrat, Eisen) abschätzen und dementsprechend den Wasserwechsel eben mit genügend großer Reserve machen.

Je mehr das Verhältnis zugunsten entweder der Fische (z.B. in Malawisee-Aquarien) oder zugunsten der Pflanzen (z.B. gering besetztes Holländisches Pflanzenaquarium) verschoben ist, desto größer und öfter muß der Wasserwechsel gemacht werden.

Dieses Argument ist also eigentlich ein Argument für den häufigen und reichlichen Wasserwechsel!

Zuletzt aktualisiert am Sonntag, den 11. Juli 2010 um 16:49 Uhr
 
Argument 5:
"Der Wasserwechsel ist bei Fischen schädlich, die anfällig für eine Frischwasserallergie sind."

 

Das was wir mit 'Frischwasserfanatiker' oder 'Frischwasserallergie' bezeichnen, fällt meiner Meinung nach unter den Punkt 'verschobenes Ionenvehältnis', also Konzentrations-Spitzen und -Lücken bei verschiedenen Ionen/Spurenelementen. Die Fische müssen ja nicht nur ihren Gesamtsalzgehalt (osmotischer Druck, Osmoregulation) im Körperinneren konstant halten, sondern zusätzlich auch noch die Zusammensetzung des Gesamtsalzgehaltes, also ein bestimmtes Verhältnis der Ionen zueinander (Ionenregulation).

Einige Fische reagieren allein auf diese Verschiebung sehr empfindlich, da ihre Ionenregulierung das nicht mehr packt ('Frischwasserfanatiker'), andere schaffen diese Regulierung noch, packen es aber nicht schnell genug, ihre Regulationsmechanismen plötzlichen Änderungen anzupassen ('Frischwasserallergie'), und viele der "normalen Gesellschafts-Aquarien-Fische" hat damit scheinbar wenig oder keine Probleme oder es macht sich nur nicht sofort bemerkbar.

Spurenelemente brauchen alle Fische gleichermaßen. Die benötigte Menge kann durchaus von Art zu Art (je nach der Intensität ihres Stoffwechsels) unterschiedlich sein. Z.B. sind Blauaugen (kleine Verwandte der Regenbogenfische) besonders aktiv, d.h. sie stehen kaum mal still, flitzen immer nur balzend herum. Dadurch dürfte ihr Stoffwechsel (und ihr Bedarf an Spurenelementen) durchaus höher liegen als bei anderen ruhigeren Fischen gleicher Größe (alles natürlich bei gleicher Temperatur betrachtet). Nun nehmen Fische ja den Hauptanteil der benötigten Ionen/Spurenelemente mit der Nahrung auf. Aber es werden auch Spurenelemente zwangläufig teilweise mit dem Urin wieder ausgeschieden. Die Fische habe Mechanismen entwickelt, diese Ionen durch aktiven Transport durch Ionenkanäle aus dem Urin wieder zurückzugewinnen, den Verlust also in Grenzen zu halten (Kapitel 'Physiologie'). Es findet ein sog. Bergauftransport statt, also ein Transport entgegen des Konzentrationsgefälles. Diesem Transport sind aber genetische Grenzen gesetzt. Fische, bei denen diese Grenzen enger sind (Regelstrecke kleiner), verlieren mehr Ionen (oder können Ionen langsamer aufnehmen) als Fische mit weiteren Grenzen. Gibt es im Aquarien-Wasser dann diese Spurenelemente nicht mehr, kann also der Fisch den Verlust durch die Nieren weder völlig unterbinden noch durch Aufnahme aus dem Wasser wieder ausgleichen (auch der Aufnahme aus der Nahrung sind Grenzen gesetzt), so gerät auch der Ionenhaushalt des Fisches durcheinander und es kommt zu Streß beim Fisch und damit erhöhter Kranheitsanfälligkeit und schließlich zu richtigen Mangelerscheinungen (als Folge dieses Mißverhältnisses zwischen Ionenaufnahme und Ionenverlust). Dafür reicht es aus, wenn nur ein einziger Regelmechanismus (Ion/Spurenelement) außerhalb der physiologischen Anpassung liegt (auch wegen der Verknüpfung der verschiedenen Regelkreise). Und das aus dem Ruder laufen eines einzigen Ions/Spurenelementes (Mangel oder Überschuß im Fischinneren) durch einen überforderten Regelkreis kann dann auch andere damit verknüpfte oder anhängige Regelkreise überfordern und so noch mehr Schaden im Fisch anrichten, so daß es dann zu den beobachteten Symptomen kommen kann.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist ebenfalls beim Wasserwechsel zu beachten, der dazu führen kann, daß der Aquarianer an eine 'Frischwasserallergie' bei seinen Fischen glaubt, und zwar der Gesamtgasdruck. Eine Gasübersättigung im Fischkörper muß unbedingt vermieden werden. Fällt die Gasübersättigung recht groß aus, so bilden sich an den Aquarien-Scheiben und allen Gegenständen Gasbläschen, genauso wie im Inneren des Fisches. Ist die Gasübersättig aber nur gering, so bilden sich für uns sichtbar zwar keine Bläschen im Aquarium, aber im Fischkörper kann es trotzdem zur Gasübersättigung und damit zur Bläschenbildung kommen. Das bereitet dem Fisch große Probleme. Wenn also immer nach einem Wasserwechsel Symptome des Unwohlseins beim Fisch auftreten, so sollte man mal den Fehler bei sich selber suchen (z.B. falsch durchgeführter Wasserwechsel) und nicht einfach eine ominöse 'Krankheit' (Frischwasserallergie) dafür verantwortlich machen, auch wenn das wesentlich bequemer ist.

Zuletzt aktualisiert am Sonntag, den 11. Juli 2010 um 17:06 Uhr