aquarium-bzk.de
Home Allgemein Stories Alles nur Tarnung
Alles nur Tarnung
Sonntag, den 06. April 2003 um 22:49 Uhr

Frust-Zuchtbericht von Badis sp. "Scarlet"

 

Als die Zwergbadis Badis badis bengalensis (bis 2.5 cm), damals noch unter dem Namen Badis sp. "Scarlet", neu eingeführt wurden, konnte ich als Liebhaberin besonders kleiner Fische natürlich nicht wiederstehen und erstand ein "Paar" dieser ausgesprochen hübschen Zwerge. Die Tiere lebten sich in einem kleinen stark verkrauteten Becken gut ein und es störte mich auch nicht weiter, daß sie zunächst nur Lebendfutter fraßen. Sowas war ich schließlich bereits von meinen Schwarzbarschen (Elassoma evergladei) gewöhnt. Inzwischen wird auch Frostfutter genommen, aber an Trockenfutter gehen sie nicht dran.

 

Das prächtig rot gefärbte Männchen imponierte ständig mit gespreizten Flossen vor dem graubraunen Tier, dem vermeintlichen Weibchen. Ab und zu wurde diese "graue Maus" auch mal verjagd. Größeren Zoff und Verletzungen gab es aber nicht, da reichlich Versteckplätze vorhanden waren. Neben dem dichten Javamoos- und Nixkraut-Gestrüpp gab ich auch noch ein paar Buchenlaubblätter ins AQ und da die bisher bekannten Blaubarsche (Badis badis) ja Höhlenbrüter sind, begab ich mich auch noch auf die Suche nach geeigneten Höhlen. Das dafür üblicherweise verwendete Material wie Tontöpfe oder Kokosschalen lieferte aber Höhlen, die viel zu groß für diese Winzlinge waren. Also besorgte ich mir eine Mischung unterschiedlicher Nüsse (Haselnüsse, Walnüsse, Paranüsse), sägte sie auf und pulte die Nuß heraus. Diese Nußschalen ergaben Höhlen etwas unterschiedlicher Größe, welche genau zu der "Größe" der Zwergbadis paßten. Aber die beiden interssierten sich überhaupt nicht für die Höhlen.

 

Inzwischen war auch der erste "Zuchtbericht" erschienen, in dem es hieß, daß die Tiere ihr kleines Gelege unter Laubblättern plaziert hätten. Also drehte ich öfters jedes Laubblatt im AQ um auf der Suche nach Eiern. Schließlich hatte ich das Imponieren des Männchens als Balzverhalten gedeutet, ganz analog zu dem Verhalten der großen Verwandten, den Badis badis. Aber Fehlanzeige!

 

Und wie ich nach längerer Zeit dann eines Tages nach Haus kam, sah ich dann auch, warum ich niemals Eier gefunden hatte: Die kleine "graue Maus" erstahlte ebenfalls in einem kräftigen Rot und die beiden Tiere fetzten sich. Als das bisherige Alpha-Tier plötzlich die Rückenflosse des Emporkömmlings "bis zum Anschlag" quer im Maul hatte, bekam ich einen riesigen Schreck und fürchtete bereits um die Gesundheit des Opfers. Aber dieser hatte nicht mal einen Kratzer und auch die Rückenflosse blieb heil. Nachdem die Fronten nun geklärt waren, ging es dann wieder etwas friedlicher zu, d.h. das Alpha-Tier brauchte nur zu imponieren und schon verschwand das kleinere Tier im Gebüsch.

 

Aber nun wurde leider auch klar, warum ich nirgendwo Eier entdecken konnte. Das vermeintliche Weibchen war ein Männchen und hatte sich lediglich vor dem Revierinhaber als Weibchen getarnt. Also hieß es nun, auf die Jagd nach Weibchen zu gehen. Inzwischen wurden auch weitere Artikel über die Zwergbadis veröffentlicht, in denen es hieß, daß bisher gar keine Männchen eingeführt worden sind, daß sich die Firmen aber bemühen, auch Weibchen einzuführen. Ein Termin wurde auch bereits genannt. Das ließ natürlich hoffen und so kaufte ich dann wiederholt "graue Mäuse" im Zoohandel, nur um dann immer wieder feststellen zu müssen, daß es doch wieder nur Tarnmännchen waren.

 

Eines Tages, es waren inzwischen ca. 2 Jahre nach dem Kauf des ersten "Paares", kaufte ich wieder eine "graue Maus" und setzte sie mit einem großen Männchen zusammen. Und nun änderte sich das Verhalten des Männchens schlagartig. Neben dem üblichen Imponieren mit gespreizten Flossen führte es auch einen Flattertanz auf in der Art, wie ich das von den Schwarzbarschen kannte. Nur fehlte bei den Zwergbadis das "Laufen" mit den Bauchflossen. Ich wußte zwar inzwischen aus weiteren Berichten über die Zwergbadis, daß es keine Höhlenbrüter sind und Dauerlaicher sein sollen, welche in feinfiedrigen Pflanzen ablaichen, aber als ich dann die erste Umschlingung im Gebüsch sah, konnte ich einen Freudenschrei nicht unterdrücken. Endlich passierte was!

 

Mit Lupe bewaffnet, hing ich dann dicht an der AQ-Scheibe und suchte nach den Eiern. Trotzdem ich den Ort der Umschlingung, das Weibchen wird dabei nach Labyrinthermanier auf den Rücken gedreht, genau mit der Lupe absuchte, fand ich zunächst nichts. So ging das ein paar Tage lang. Umschlingungen gab es nun fast täglich, dazwischen mehrtägige Pausen (oder ich war nur nicht zur richtigen Zeit vor dem AQ), aber zunächst waren keine Eier zu sehen. Dann suchte ich das AQ mal im Durchlicht ab, d.h. ich nahm die schwarze Pappe von der Rückwand ab und suchte dort. Und nun sah ich nach langer Suche nicht nur ein Ei (ja, es war nur ein einziges!), sondern auch die ersten Larven! Es hingen zwei winzige bewegungslose Glassplitterchen an der AQ-Scheibe. Auch die Eier sind winzig und völlig farblos und durchsichtig. Sowohl Ei als auch Larven habe ich nur mit einer 8-fach-Lupe im Durchlicht erkennen können. Von vorne waren die Larven nicht zu entdecken.

 

Freude und Frust bemächtigten sich gleichermaßen meiner, denn so sehr ich micht über die ersten Larven freute, so sehr fing ich nun auch an zu grübeln, was ich denen wohl zu fressen anbieten könnte, denn sie waren ungeheuer winzig! Die winzigen Larven der Schwarzbarsche sind groß gegenüber den Zwerbadis-Larven. Ein neben die Larve an die Scheibe gehaltenes Geodreieck zeigte eine Länge der Larven von gut 1 mm. Man sagt, daß das Futter ungefähr die Größe des Auges der Fischlarve haben sollte. Dann kann es die Larve bewältigen. Wenn man nun diese Faustregel zugrunde legt, so wären alle üblichen Aufzuchtfutterarten immer noch viel zu groß als Erstlingsfutter, also Cyclopsnauplien (Artemianauplien sind da sowieso viel zu riesig), Mikro, Rädertierchen, ja sogar Pantoffeltierchen, zumindest die nicht gerade winzige Sorte, die man üblicherweise im Aufguß hat und die mit bloßem Auge bereits als winzige Pünktchen zu erkennen sind.

 

Tja, und das ist auch schon das Ende dieses Zuchtberichtes, denn ich habe die Larven nicht groß bekommen. Ich sah nun zwar ständig über einige Monate immer wieder Larven, aber niemals ein etwas größeres Tier. Bis zum Freischwimmen ist es anscheinend gekommen, denn ich sah im Laufe der Zeit nicht nur diese unbeweglichen Glassplitterchen, sondern auch winzigste schwärzliche Strichlein, die sich im Zeitlupentempo über das Substrat, also Glasscheibe oder Pflanzenblättchen, schlichen. Einmal drehte sich eine der Larven zu mir, um dann anschließend im Schleichtempo davon zu gleiten. Vielleicht war ihr das große Auge, welches sie durch die Lupe anstarrte, doch zu unheimlich, so daß sie sich lieber davon machte. Auffällig am Verhalten der Larven ist der enge Substratkontakt und die Zeitlupenhafte Bewegung. Genau das gleiche kennt ma ja bereits von den Larven der Schwarzbarsche in den ersten Wochen. Aber diese Verhaltensweise birgt natürlich auch eine Gefahr für die Larven, denn sie werden so leichter Opfer von räuberischen Mikrorganismen (Hydra, Planarien, Cyclops, Insektenlarven u.a.). Ihre Winzigkeit erhöht ebenfalls diese Gefahr. Dies war wahrscheinlich auch der Grund für den Mißerfolg bei der Aufzucht, denn in dem verkrauteten Aquarium mit Hamburger Mattenfilter sollten die Winzlinge eigentlich immer genug geeignete Mikroorganinsmen zum Fressen finden. Es sind ja immer nur einige wenige Larven. Bei den Schwarzbarschen funktioniert das auch sehr gut, d.h. auch ohne zusätzliche Fütterung gedeihen die Larven in den ersten Wochen gut. Staubfeine Blütenpollen wie bei den ebenso winzigen Larven der Iriatherina werneri, wird man den Zwergbadis-Larven nicht anbieten können, da sie nicht oberflächenorientiert leben wie die I. werneri (der Pollen schwimmt ja auf der Oberfläche). Andere Staubfutter (Kunstfutter) nutzen bei solchen Fischarten meistens auch überhaupt nichts, weil sie nur das fressen, was sich bewegt (genauso wie die Zwergbadis-Eltern und wie bei den Schwarzbarsch-Eltern und -Larven).

 

Weitere Zuchtversuche mußten erstmal auf Eis gelegt werden, da das Weibchen leider inzwischen verstorben ist. Die Lebensdauer der Zwerbadis scheint nicht allzu lang zu sein, d.h. bei 1-2 Jahren zu liegen. Dies bestätigen auch die inzwischen erschienenen Berichte über die Zwerbadis. Bei Badis badis wird eine max. Lebensdauer von 2 Jahren angegeben. Viel Zeit für Zuchtversuche wird also nicht bleiben, falls man wieder per Zufall ein Weibchen bekommt. Ich habe mir inzwischen wieder einige "graue Mäuse" gekauft. Diesmal kamen die Tiere vom Großhändler "sortiert" beim Zoohändler an, d.h. eine Tüte mit roten Tieren, also eindeutig Männchen, und eine Tüte mit "grauen Mäusen". Ich habe natürlich nur die Tüte mit den "grauen Mäusen" genommen, denn Männchen bekommt man immer. Da die Tieren erst halbwüchsig sind, kann man noch nicht sagen, was daraus wird. Ich haben aber eine Woche nach dem Kauf bereits drei Tiere entdeckt, die schon den ersten Ansatz einer roten Streifenzeichnung haben. Hoffentlich ist wenigstens ein Weibchen dabei. Wenn man Zuchtversuche unternehmen will, so ist es sinnvoller, ausschließlich "graue Mäuse" zu kaufen, denn Männchen bekommt man mit Sicherheit genug aus der Schar der "Grauen". Wünschenswert wäre aber ein Überschuß an Weibchen, d.h. ein Männchen mit mehreren Weibchen in einem Aquarium, denn die Weibchen scheinen doch stark belastet zu werden durch die ungestüme Balz der Männchen.

Zuletzt aktualisiert am Samstag, den 10. Juli 2010 um 19:48 Uhr